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Zum Umgang mit dem Kirchenraum und der Liturgie

auf der Basis von Gesprächen mit Pfarrer Wolfram Bürger und Pfarrerin Katrin Rudolph im Februar 2012 und im April 2013

In jeder Kirchengemeinde spielt der Zusammenhang von Glauben und Leben eine wichtige Rolle. Nicht immer ist er leicht zu finden. Von Zeit zu Zeit muss er neu entdeckt werden. So suchte auch Pfarrer Wolfram Bürger nach neuen Antworten auf Fragen wie:

Welchen Sinn macht es überhaupt zu glauben? Ist es nur ein Traditionsstück, das man auch abtrennen kann vom Alltag oder ist es etwas, was mich orientiert, was mir meine Stellung in der Welt irgendwie erkennbar macht und wo ich mich immer wieder neu befragen kann?

Er sah in diesen Fragen nicht nur den Anlass für theologische Lektüre. Für ihn gab es auch eine Beziehung zum Gottesdienst, in dem ja eine Begegnung zwischen Glauben und Leben stattfinden soll. Denn die Menschen kommen mit dem, was sie erlebt haben und was sie beschäftigt, in die Kirche und suchen dort im Glauben nach Anregungen für die Herausforderungen des Alltags. Um sich dafür sammeln zu können, sollte der Sakralraum klar und einladend gestaltet sein. Das war aber lange Zeit nicht der Fall. Vor den Kriegsschäden halfen die eingebauten Seitenemporen, die Längsausrichtung zum Altar hin wahrzunehmen. Der Altar war schmaler und höher und lenkte so den Blick leichter auf sich. Nach dem Krieg wurden die Seitenemporen nicht wieder aufgebaut, und der neue Altar war viel niedriger und breiter. So wirkte auch der Raum breiter, und die alte Längsausrichtung war nur noch schwer nachzuempfinden. Eine Orientierung im Raum fiel nicht Wenigen schwer, und es entstand der Wunsch, die Kirche innen neu zu gestalten. Auch Pfarrer Bürger setzte sich dafür ein. Im Vorfeld des 100. Kirchweihjubiläums war es dann soweit: Die Bänke wurden reduziert und eingekürzt, so dass der Blick wieder deutlich zum Altar gelenkt wird. Das wird noch dadurch unterstützt, dass der Altarraum in einer anderen Farbe als der übrige Kirchenraum gehalten ist. Die Farbgebung hat der Kirche insgesamt zu neuer Schönheit verholfen, so dass der Gottesdienst durch den hellen freundlichen Raum mit getragen wird.

Neben der Schönheit und Klarheit des Raumes wird der Gottesdienst in seiner Wirkung auch durch seine Form beeinflusst. Wichtig ist Wolfram Bürger der Fluss des gottesdienstlichen Geschehens, dass sich die Menschen nicht permanent auf etwas Unerwartetes einstellen müssen, was sie eher durcheinander bringt oder verunsichert als dass es ihnen Halt und Öffnung in der Andacht gibt.

In der Markusgemeinde hatten viele Jahre mehrere Liturgien nebeneinander bestanden. Sie unterschieden sich aufgrund der theologischen Schwerpunkte der Pfarrerinnen und Pfarrer. Wolfram Bürger fand deshalb eine Liturgie vor, die aus stark voneinander abweichenden Elementen verschiedener Traditionen und Richtungen bestand. Es ergab sich kein klares Ganzes. Das aber war ihm wichtig, denn die Tradition, die mir verständlich war, ging davon aus, dass die Liturgie eine verbindende war, unabhängig auch von theologischen Präferenzen der Pfarrer, und dass man sich in der Liturgie irgendwie gemeinsam wieder finden konnte.

Pfarrerin Katrin Rudolph sah es ähnlich. Schon als Vikarin und in ihrer ersten Pfarrstelle hatte sie sich mit dieser Frage befasst und dafür einen Liturgieworkshop ins Leben gerufen. Nun bemühten sich beide mit der Gemeinde um eine neue Fassung der Liturgie des regulären Sonntagsgottesdienstes, die schließlich als Einlegeblatt in den Gesangbüchern für alle zur Verfügung gestellt wurde.

Das wieder erwachte Bewusstsein für die Klarheit der Gottesdienst-Form hieß aber nicht, immer nur die Normal-Liturgie einzusetzen. Auch neue Formen entstanden wie das von Antje Ruhbaum ins Leben gerufene „Rendez-Vous im Gottesdienst“. Und auch weiterhin kann Neues probiert werden, wenn der gottesdienstliche Ablauf nachvollziehbar bleibt. Das gewachsene Interesse am Gottesdienst schlägt sich nicht zuletzt in der Arbeit des gemeindlichen Liturgieausschusses nieder, in dem Lektoren und Pfarrer gemeinsam miteinander an der Gottesdienstordnung arbeiten und Seminare veranstalten.