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Bericht über die Bombennacht vom 23./24. August 1943 in Steglitz

aus der Chronik der Markusgemeinde

Gegen 11 Uhr [23 Uhr] riefen die Sirenen die Bevölkerung in die Keller und lange Zeit – über eine Stunde – blieb alles ruhig.  … Und dann brach es los – um ¾ 1 begann das Bombardement, Welle auf Welle donnerten die Geschwader heran …

In die nächste Nähe der Kirche fielen Sprengbomben, die auf die Wasserleitung trafen, fielen ungezählte Brandbomben und fiel auch eine große Magnesiumbombe, die die Kirche und die angrenzenden Gebäude taghell erleuchtete. Die feindlichen Flieger flogen sehr tief und hätten ihre Ziele leicht erkennen können. Wenn sie gewollt, konnten sie unsere Kirche schonen. Sie haben es nicht getan. – Aus Mangel an Wasser konnte der große Brand nicht bekämpft werden. …

In wenigen Stunden brannte die ganze Kirche – auch der Turm (mit all den untergestellten geretteten Möbeln) aus. …

Es hat durch den Lärm dieser Feuernacht wohl niemand eine Entwarnung gehört, aber als der Morgen kam – ein grauer Morgen – über Berlin lag strahlende Sommersonne, doch die Wolke von Qualm und schwelendem Rauch über Steglitz war so dick, dass auch die schärfsten Sonnenstrahlen sie nicht zu durchbrechen vermochten, den ganzen Tag über und den folgenden lag Steglitz in einer fahlen Dämmerung – als dieser graue Morgen kam, stand von unserer Kirche nur noch das Gemäuer, von beiden Pfarrhäusern die leere Fassade. – Als die Gewalt des Brandes gebrochen, betrat manch einer – schweren Schrittes – die Kirchenruine, überwältigt von der erschütternd eindringlichen Sprache, die diese Trümmer von der Vergänglichkeit alles Irdischen redeten: Vorgestern war noch der sonntägliche Gottesdienst mit Gesang und Orgelspiel, gestern eine Tauffeier von Pfarrer Flemming gehalten und heute …

Verschwunden Kruzifix und Altarbild, vernichtet die zarten Emporengemälde, verschwunden Kanzel und Orgel, nichts mehr vom Gestühl, keine noch so kleine Spur von dem Metall der Orgel oder der Kronleuchter, – eine dicke Schicht weißer Asche deckte den Grund; wohl stand noch der steinerne Altar, noch lag auf ihm – völlig verascht zwar, aber in seiner Form noch deutlich erkennbar – das aufgeschlagene Gotteswort …

… Zuspruch hatten Pfarrer und Gemeinde bitter nötig, als ihnen bei Tageslicht das volle Ausmaß der Zerstörung und Verluste klar wurde. Ja, „wir waren ins Feuer gekommen (Ps. 66,12)“ – noch tagelang schwelte es weiter. Der östliche Bezirk von Steglitz und die Ortsteile Lankwitz und Südende waren fast völlig zerstört, ganze lange Straßenzüge waren ausgebrannt, manche völlig blockiert durch Trümmerschutt, riesige Trichter waren aufgerissen, geborstene Mauern drohten einzustürzen – viele Zehntausende waren in dieser Nacht obdachlos geworden …

Zitiert aus: Frau Oehme, Handgeschriebene Chronik der Markusgemeinde mit Ergänzungen von Erich Klamroth, verfasst 1952 mit später fortlaufenden Einträgen, S. 17ff., Archiv der Markusgemeinde Steglitz vor Ort.
Zerstörte Markuskirche, Innenansicht, Blick in den Altarraum, Ende August 1943
Zerstörte Markuskirche, Innenansicht, Blick in den Altarraum, Ende August 1943